Ein Avatar im Unterricht?

"Einladung" des "Roboters" AV1 in die Heilstättenschule Wien!



Februar 2019

Valkenburg / Niederlande
Adelante Zorggroep Zentrum für SchülerInnen mit körperlicher Beeinträchtigung:
Die Erasmus+-Projektgruppe "best practices of inclusion" der Heilstättenschule Wien ist zu Besuch in den Niederlanden.

Der Zentrumspädagoge Raf Notermans setzt sich schwerpunktmäßig mit den neuen technischen Möglichkeiten zur Unterrichtsgestaltung auseinander und berichtet uns von seinen Erfahrungen. 
Meine Kolleginnen Inga, Rosa und ich, Monika Fuchs-Brantl freuen uns über seine Offenheit und darüber, dass er sich soviel Zeit für uns nimmt.



Nebenbei erwähnt er meiner Kollegin Inga gegenüber, dass das Zentrum demnächst für einen Schüler im Hausunterricht einen Avatar ausprobieren möchte.
Beim abendlichen Beisammensein erzählt sie uns davon.
Toll, sowas gibt`s auch ? Noch nie gehört.

Doch schließlich sind wir gerade deshalb mit unserem EU-geförderten Erasmus+-Projekt in Europa unterwegs, um die "best practices"  unserer europäischen KollegInnen kennenzulernen!

Zurück aus den Semesterferien, die kein Urlaub, aber dennoch sehr bereichernd waren, obwohl wir bei Hochnebel in den Niederlanden Mühe hatten, die tollen Whatsapp-Fotos unserer Freunde aus den österreichischen Schigebieten auszuhalten (wir lieben nämlich selbst seeehr das Schifahren!), reflektieren wir unseren Aufenthalt.

https://jobshadowing2019.blogspot.com/2019/02/reha-zentrum-und-psychomotorik-im-visier.html

Danach der Kassasturz:
oooh, da gibt es einen Budgetposten in unserem EU-Projekt, der es zulässt, so einen Avatar eventuell anzumieten und als Pädagoginnen erste Erfahrungen machen zu können!
Ein Telefonat mit unserem Betreuer bei der OEAD-Nationalagentur macht uns sicher - wir haben Handlungsspielraum.

Ich befrage die Jugend in meinem privaten Umfeld: Check mal, was hältst du davon? Wie beurteilst du die technischen Daten und Möglichkeiten?

Ich maile an RAF: hej, wie war das mit dem Avatar, wie heißt der, wo kommt der her?
Er schickt mir einen Scan des Prospekts in Netherlands - auch kein Problem, die Internetseite kann ich erkennen - das genügt.

Ich schreibe sogleich an NoIsolation https://www.noisolation.com/de/ - Christian Matzen antwortet umgehends und schickt mir ein Angebot. In unserem Projektbudget wäre eine 3-monatige Probemiete möglich.

Es gilt nun noch die richtigen Ansprechpartnerinnen und Benutzer zu finden. Ich frage unsere Direktorin Daniela Jagsch, inwieweit es Bedarf gäbe, den Avatar auszuprobieren.
Das Hauslehrerinnen-Team des AKH meldet sich sofort!

März 2019

Da die Firma NoIsolation im Jänner schon an der Kinderklinik im AKH den AV1 vorgestellt hatte, war der AV1 dort kein Unbekannter. Somit gab es schon eine gute Basis für eine Annäherung an den Einsatz des Avatars - sprich "Roboters".

Nun liegt es an mir, in einigen Telefonaten (es waren gar nicht wenige!) herauszufinden, wie das mit der Umsatzsteuerdeklaration der Mietrechnung handzuhaben ist.
Manchmal müssen halt auch wir Pädagoginnen uns mit der Welt der Wirtschaft und Buchhaltung auseinandersetzen.... Nachdem dies mühsamst geklärt ist folgt die Bestellung und der Avatar landet rasch in der Kanzlei der

Heilstättenschule Wien!
https://heilstaettenschule.schule.wien.at/



Drei Hauslehrerinnen, Karoline W,, Theresa A,, Fee S, und zwei mobile Lehrerinnen, Sabine F, und ich, Monika Fuchs-Brantl, für Kinder mit Bewegungseinschränkungen und chronischen Erkrankungen nehmen unseren AV1 in Empfang und lernen per Video-Übertragung mit Christian Matzen von NoIsolation die Anwendung des AV1.

Mittels zuvor an mich übermitttelter App und PIN-Code aktivieren wir den Roboter und die App auf dem Tablet unseres ersten "Testimonials" Dominik.



Hauslehrerin Fee S, nimmt unseren Robo - unsere kleine "Kaffeemaschine" - mit zu ihrem Schüler Dominik bzw. bringt sie ihn in seine Schule, die er bald wieder besuchen wird.

Gleichzeitig sammeln wir unsere Erwartungen und Zielvorstellungen, um eine kleine interne Auswertung unseres Probebetriebs zu erstellen. Ich erfasse die Gründe, Bedenken, Unsicherheiten,  weshalb sich zwei Familien nicht auf diesen Probebetrieb einlassen wollten:
Bedenken zur Avatarnutzung

April 2019

Es geht los!
In Ruhe führt Fee S, das Gerät im Lernalltag von Dominik ein. Der AV1 "wohnt" in der Klasse, Dominik loggt sich von daheim aus ein und findet langsam Kontakt zum Schulalltag "seiner Klasse".
Das Vertrauen steigt, erste Schulbesuche für kurze Zeit finden statt.

UUPS!

Der Avatar hat "den Boden geküsst" - irgendein kleines schwarzes Teilchen kann nicht mehr zugeordnet werden. Das Ding ist kaputt! Sylvia, die Klassenlehrerin, ruft mich an. Ich vermittle sie an das Supportservice der Firma. Eine Fernwartung kommt zu dem Ergebnis. Ein Ersatz muss her.. Welch Glück:

Nach den Osterferien kommt Besuch von NoIsolation!

Ich treffe Christian Matzen der Firma NoIsolation, und unmittelbar nach seiner Ankunft am Flughafen besuchen wir die Volksschule 1100, Neilreichgasse 111. Natürlich wird zuerst mal Kaffee getrunken - wir sind schließlich in Wien!...

Dann die Besichtigung des Malheurs:



Gut, dass im Vertrag mit NoIsolation immer eine umfassende Versicherung inkludiert ist.
Dies gewährleistet einen möglichst unbeschwerten Umgang mit dem AV1.
Er soll schließlich auch auf Lehrausgänge mitgehen dürfen!

Christian meint:
"Los, mach von mir nicht nur ein Foto mit dem beschädigten, sondern  auch ein Foto mit einem kompletten AV1!"
Hier ist es - Christian und der AV 1:





Christian Matzen zeigt uns das bald in neuer Auflage erscheinende Info-Plakat für die Schulklassen, die AV1 benutzen, auf seinem Laptop. 
Es gibt gute Informationsblätter für die Einführung des AV1, die sich sowohl an Eltern als auch die Schule wenden und das Nötige für den Einsatz erklären.


Kleine Anekdote am Rande: obwohl der AV1 im Norden Europas schon vielfache Anwendung findet, habe wir in Wien es als erste geschafft, ein Exemplar wirklich außer Kraft zu setzen ;)

Kein Problem: vor Ort checkt Christian den Ersatz, der per DHL am nächsten Tag sofort eintrifft.

Prinzipiell sind die ersten Erfahrungen mit dem AV1 äußerst positiv. 

Ergänzend hole ich mir eine Beurteilung einer "Survivor" ein:

Sie hat auch konstruktive Kritik für den Gebrauch des AV1 einzubringen. Keinesfalls soll der AV1 Leistungsdruck erzeugen! In manchen Behandlungsphasen will man einfach nur seine Ruhe - deshalb ist auch die Schlummerfunktion der passiven Teilnahme gut. Andererseits bietet der AV1 im Gegensatz zur schon am AKH erprobten Video-Übertragung die Möglichkeit, auch proaktiv von daheim aus am Unterrichtsgeschehen teilzunehmen und mitzuarbeiten. (und auch mit dem Nachbarn in der Flüsterfunktion zu "tratschen"...) Die Portabilität des AV1 ist auch ein großer Vorteil.
Ganz wichtig ist jedenfalls eine kompetente pädagogische Begleitung !

So wie es prinzipiell im IKT-Bereich - auch durch Studien belegt - nicht auf die  Geräte sondern vor allem auf den kompetenten Umgang der Menschen damit ankommt. 
Der Einsatzbereich scheint jedenfalls sehr vielfältig: von der Onkologie über diverse chronische Erkrankungen bis zur Psychiatrie.


Mai 2019

Ein ORF-Kontakt der Firma NoIsolation bringt den ORF an die Schule. Ich kläre mit
Frau Ziegler der oe1 Wissenschaftsredaktion die Rahmenbedingungen und eine  Reportage erscheint  am Montag, 13.5.2019.



Dominik beim Erklären der Avatar-Anwendung


Frau Ziegler im Interview mit Dominik


im Interview mit Fee S,, Pädagogin der Heilstättenschule Wien / Hausunterricht


"Posing für das Titelbild"


Die Reportage erregt großes Interesse.

Hier der orf.oe1-Beitrag zum Reinhören

Hier der Bericht der Online-Redaktion science.orf

Auch das Magazin M1 auf ORF1 berichtete am 17.5.2019 in einem Fernseh-Beitrag über den Avatar-Einsatz unserer Wiener Heilstättenschule. Das primäre Interesse galt hierbei vorerst noch den technischen Möglichkeiten dieses Geräts.


Wir Pädagoginnen wollen uns vielmehr den pädagogischen Möglichkeiten widmen - dass die Technik funktioniert, ist für uns Voraussetzung. Der AV1 bietet eine niederschwellige, leicht bedienbare Möglichkeit zur Förderung der Teilhabe und psychosozialen Gesundheit. Ebenso gibt es dadurch  die gute Chance - natürlich abhängig vom Behandlungsverlauf -, die Schullaufbahn abzusichern.

Im Juni erstellt auch die APA / Austria Presse Agentur einen Bericht.

Und dann nochmal UUPS !

Nein, der Avatar ist nicht nochmal abgestürzt, aber genau beim Besuch der Redaktion von "Wien Wissen" macht er "Mätzchen". Es gibt Probleme beim Ladestatus des Akkus und die Verbindung bricht nach kurzem wieder ab. Nach einigen weiteren Versuchen spannen wir eine PROBLEMLÖSUNGSTRIADE quer über den Kontinent. Ich telefoniere mit Christian M. in Amsterdam, schildere ihm die Problematik und nach wenigen Minuten ruft mich seine Kollegin Hanna aus der Zentrale in Oslo zurück.
Sie am PC sitzend, ich ihre Anweisungen (Kabel raus - rein, Neustart etc.) befolgend, erstellt sie die Problemanalyse. Sie "bezaubert" die Software unseres AV1 in der Ferne an ihrem PC, und dann scheint alles wieder ok, aber der AV braucht jetzt erstmal wieder eine ordentliche Aufladung und bleibt ohne Betrieb angesteckt.
(tags darauf zeigte der Akku wieder sein normales Ladeverhalten)

DIE PROBLEMLÖSUNGSTRIADE :)



Dominik hat sich ohnehin schon ausgeloggt. Er war verständlicherweise ganz schön "angfressn", dass er nicht in seine Klasse einsteigen konnte. Gerade nach dem langen Pfingstwochenende hatte er sich nämlich schon wieder richtig auf die Schule gefreut.
 Das zeigt mir, dass wir mit unserem Testbetrieb des Avatars zur Partizipation sowohl am Unterricht als auch am sozialen Geschehen in der Klasse auf einem guten Wege sind.

Dass ein Kind nur aufgrund einer besonderen körperlichen Befindlichkeit
(chronische Erkrankung o.Ä.) aus dem Bildungssystem ausgebootet wird und keinen Unterricht erhält, kann nicht in Ordnung sein.

Ein Zukunftswunsch der Heilstättenschule ist die Betreuung dieser chronisch kranken Kinder, die derzeit auf eine adäquate Beschulung warten.
Auch auf der anderen Seite der Erdkugel (ja, die fast Namensgleichen mit den Känguruhs) wird für dieses Menschenrecht gekämpft:
school connection for seriously sick kids / Australia

Vielleicht kann der AV1 dabei hilfreich sein, diese künftige pädagogische Betreuung effizient zu unterstützen - vorausgesetzt, die Heilstättenschule Wien bekommt AV1-Geräte zur Verfügung gestellt.

Telepräsenz bei Langzeiterkrankung

Inwieweit wir durch dieses Projekt unserem Ziel
der Professionalisierung und Unterstützung der Pädagoginnen im Fachbereich Inklusion, Diversität, Sonderpädagogik zum Einsatz neuer Informations- und Kommunikationstechnologien zur Unterstützung von SchülerInnen mit besonderen körperlichen Bedürfnissen
ein Stück näher gekommen sind, wird die Zukunft weisen.

Wir Pädagoginnen benötigen eine professionelle Begleitung in materieller wie auch personeller Hinsicht, um mit den neuen Möglichkeiten adäquat umgehen zu können.

Hoffentlich können nun Gespräche zur gemeinsamen Konkretisierung einer Digitalisierungsstrategie für unseren Bereich mit dem Bildungsministerium und dem Bildungsstadtrat folgen.
Die in Österreich bereits vorhandene Expertise in diesem Bereich gehört gebündelt und allen im Bildungsbereich Tätigen zugängig gemacht.

Was den AV1 betrifft hat das Team der Kinderklinik des AKH schon einige Vorhaben im Visier...

Wir Pädagoginnen der Heilstättenschule Wien sind durch unseren Testbetrieb jedenfalls schon vorbereitet!

Nun ist der Probebetrieb zu Ende, die drei Monate sind vorüber.

DANKE DOMINIK für deine Mitarbeit!



"take the open road"



UND NUN?? WIE GEHT ES WEITER? NOCH WISSEN WIR ES NICHT, ABER...


Die europaweite Vernetzung zum Erfahrungsaustausch über die Nutzung der Telepräsenz für SchülerInnen läuft gerade an.


Bildungsministerium, Bildungsstadtrat und Bildungsdirektion sind informiert.
Auf Stellungnahmen warten wir noch.









"Dieses Projekt wurde mit Unterstützung der Europäischen Kommission finanziert. Die Verantwortung für den Inhalt dieser Veröffentlichung trägt allein der Verfasser; die Kommission haftet nicht für die weitere Verwendung der darin enthaltenen Angaben."

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